GREEN-TO-GO – der 5-Minuten-Klima Power Blog
| 2030 | Das entscheidende Jahrzehnt – Artikel veröffentlicht: 31/03/22 @ gt-info.de
Was ist da eigentlich passiert, zwischen gestern und heute? Zwischen meiner Kolumne vom März und dieser hier für den Monat April? Waren es Mitte Februar noch die verschiedenen Bausteine der Energiewende, die im Mittelpunkt meiner Artikel über den „Green Deal“ – diese aus heutiger Sicht fast schon entspannten Planungen bis 2030 – standen, haben sie seit dem 24. Februar eine völlig neue Dynamik erhalten. Wir müssen schnell handeln. Sehr viel schneller, sollen unsere Lichter nicht schon morgen ausgehen. Was bisher wie eine dumpfe Phrase klang, könnte tatsächlich Realität werden. Die Zeit hat sich gedreht. Komplett. Die Zeitenwende ist da!
Doch was heißt das für uns Bürger? Was können wir tun? Wie können wir helfen, die angedachten Maßnahmen zu beschleunigen? Lange habe ich überlegt, wie man das aufbereiten kann. Immer, wenn ich dachte, ich habe ein Konzept für diesen Artikel, überschlugen sich die Ereignisse und ich fing von vorne an. Ehrlich, ich habe gefühlt noch nie so viele Bundestagsdebatten verfolgt (und der Wissende weiß, wie ermüdend das sein kann), so viele Regierungsportale durchforstet und Pressesprecher genervt, wie in dieser Zeit (sorry, dafür!). Doch sie drängt, die Zeit – und die Druckabgabe sowieso. Und obwohl ich mir noch immer nicht so richtig im klaren bin, fange ich einfach mal an zu schreiben.
„Jede Kilowattstunde die wir nicht verbrauchen hilft“, sagt BM Robert Habeck.
„Ich alleine kann da gar nichts machen“, kontern nicht wenige.
Habeck zum Frühstück
Bundestag, 24. März, 9 Uhr morgens – es ist exakt vier Wochen nach Tag eins der neuen Zeitrechnung: Robert Habeck wirbt gerade für den Etatentwurf seines Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Es geht um Ausgaben von 10,96 Milliarden Euro und erwartete Einnahmen von 731,92 Millionen Euro. Innovation, Technologie und die neue Mobilität sind seine Themen. Doch im Gegensatz zu ein paar Wochen zuvor, muss jetzt alles viel schneller gehen als geplant. Die Abhängigkeit von fossilen Energien müsse zügig weg, sagt er. Er spricht von künftigen LNG-Terminals und die so wichtige Umverteilung der benötigten Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas auf mehrere Partner, statt auf einen Unberechenbaren. Und die Unternehmen ziehen mit. Da scheint er schon weit gekommen: „Die Zahlen, die ich noch vor vier Wochen vorgelegt hatte, stimmen deshalb heute schon nicht mehr.“ Wüschen wir ihm und uns, dass es so weiter geht.
„Wer das Klima schützt, schützt die Freiheit.“ Robert Habeck
Während sich unser Bundesminister also sehr konkret an Unternehmen wendet und neue weltweite Kooperationen schmiedet, beschreibt das Umweltbundesamt (UBA), wie jeder einzelne von uns dem Klimawandel und damit auch rigoros dem Krieg begegnen kann. „Die beste Energie ist die, die gar nicht verbraucht wird“, heißt es auf deren Onlineseite. Wie wäre es also, wenn wir ab sofort versuchen maximal einzusparen, wo immer es geht?
Machen wir eine Challenge draus! – Wer spart am meisten?
„Es geht um jede Kilowattstunde und um jeden Energiefresser!“ Heute Journal
Heizung runter!
Wenn alle deutschen Haushalte die Temperatur um zwei Grad reduzieren würden, bedeutet das fünf Prozent weniger aus Russland importiertes Erdgas. Was sich im Vergleich zu den aktuellen 55 Prozent wenig anhört, macht in der Summe durchaus Sinn. Schließen sich dann auch noch Hotels, Gaststätten und Gewerbebetriebe der Aktion an, kämen wir auf über sieben Prozent vermeidbarer Erdgasimporte. Für das Mehr an Klima und Geld sorgt dann noch dieser Sidekick: All das entspricht nämlich 7,5 Millionen Tonnen vermeidbarer Treibhausgase und drei Milliarden Euro eingesparter Energiekosten (bei 10 Cent pro Kilowattstunde). Los kommt, der Frühling ist da, die Sonne lacht. Drehen wir am Regler!
Wie wir duschen, so spart man
Auch beim Duschen lässt sich schnell mit wenig Geld viel Energie sparen. Sorry, aber wer jetzt noch vom Baden träumt, ist grundsätzlich raus. Ein Spar-Duschkopf senkt nämlich den Energieverbrauch beim Duschen um etwa 30 Prozent. Wenn also alle Menschen in Deutschland das tun, ersparen wie gemeinsam weitere 2,6 Prozent an russischen Erdgasimporten und etwa 2,8 Millionen Tonnen Treibhausgase. Die Energiekosten gehen um 1,1 Milliarden Euro runter. Ach ja, und ein paar Minütchen verkürzen wäre doch auch noch eine Option. Deal?
Weg vom Gas spart Öl
Mal ehrlich: Wo kann man überhaupt noch schneller als 130 auf den Autobahnen fahren? In NRW wohl kaum. Die Straßen sind einfach zu voll. Reduzieren wir aber die Geschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 km/h und auf Straßen außerorts auf 80 km/h, sparen wir rund 2,1 Milliarden Liter ein. Würden wir es also schaffen, dass tatsächlich niemand mehr schneller unterwegs ist, liegt die Einsparung bei zirka 23,8 Prozent – und wir alle wissen bei den derzeitigen Preisen an der Zapfsäule, was das für jeden von uns bedeutet. Unds: Gleichzeitig reduzieren wir damit um die 5,3 Millionen Tonnen CO₂. Na? Wie wär’s?
… wenn die Ereignisse sich überschlagen, dann aber richtig. Heute, 24. März, treffen sich die Mitglieder von Nato, G7 und die EU. Und gleich zu Beginn warnt Frankreichs Präsident Macron vor einer beispiellosen Lebensmittelkrise. Und da ist sie also, unsere neue Baustelle.
„Die Lage wird in zwölf bis 18 Monaten noch schlechter sein, da die Ukraine die Saaten nicht ausbringen kann.“ Manuel Macron
Null Verschwendung
Gemeint ist Getreide, wie Weizen oder Mais. Die Ukraine und Russland sind hier die weltweit führenden Exporteure. Um den Verlust ein wenig auszugleichen, sollten wir statt unkontrolliert zu hamstern, sparsam sein. Denn: Aktuell werfen die Deutschen im Schnitt rund 80 Kilo Lebensmittel pro Jahr und Person im Wert von 230 Euro weg. Getreide wird allerdings auch als Futtermittel eingeplant. Eine Anregung von Greenpeace klingt interessant: „Wenn wir in Europa zehn Prozent weniger Tiere hätten, könnten wir dadurch die gesamten Getreideausfälle der Ukraine ersetzen.“ Ergo: Weniger geht auch. Lasst uns einfach maßvoll sein.
Die Krux mit dem Wasser
Ja, gut. Wasserknappheit hat nichts mit Ukraine und Russland zu tun – und trotzdem verändert sich der hiesige Grundwasserspiegel seit Jahren. Vor allem in den Hitzesommern 2018 und 2019 zeigte sich, dass der Klimawandel in Zukunft für die Versorgung brisant werden könnte. Und da der Sommer vor der Tür steht, Experten damit rechnen, dass der so wichtige Landregen auch in diesem Jahr die Böden nicht erreichen wird, sollten wir auch hier einsparen. Ein paar Zahlen, die nachdenklich machen können: Für eine Tomate werden laut BUND 13 Liter in der Produktion verbraucht, für ein Kilogramm Weizen in Europa 500 Liter, für ein Kilogramm Rindfleisch 15.500 Liter. Und deshalb kommt hier der Tipp, der unserer Challenge gut zu Gesicht stehen würde: Achten wir einfach auf eine ausgewogene, saisonale und regionale Ernährung. Versuchen wir mal „unser tägliches Fleisch“ auf einmal in der Woche zu reduzieren. Geht nicht? Doch, ich schwör’s!
6.000 Liter für eine Jeans
Und noch was: Ein großer Anteil unseres Wasserverbrauchs ist virtuelles Wasser, das nicht für die Produktion von Lebensmitteln, sondern von Waren verwendet wird. Etwa 4.000 Liter fallen pro Person und Tag dafür an. Das Schlimme ist, dass es mit unserem Kaufverhalten zusammenhängt: Für die Herstellung eines Smartphones werden etwa 900 Liter Wasser benötigt, für die Baumwolle einer Jeans sogar 6.000 bis 9.000 Liter. Für die Herstellung eines einzigen Autos sind bis zu 400.000 Liter Wasser fällig.
Frage: Was machen wir? Weniger kaufen oder auf langlebige Artikel setzen? Den Second-Hand-Hype der 1980er Jahre wieder aufleben lassen? Reparieren statt wegwerfen oder gar recyclen?
Haben Sie, liebe Leser, Ideen oder setzen sie schon längst in die Tat um? Dann schreiben Sie uns! In der nächsten Ausgabe geht es beim Thema Nachhaltigkeit um unser Wasser – und sonst gar nichts! (sofern nicht schon wieder etwas dazwischen kommt)
Nachweise:
www.greenpeace.de