#2 – FLÄMMCHEN IN SICHT

GREEN-TO-GO –  der 5-Minuten-Klima Power Blog

| 2030 | Das entscheidende Jahrzehnt – Artikel veröffentlicht: 25/11/21 @ gt-info.de

Sie ist unerlässlich, jeder spricht von ihr, doch so richtig in Fahrt kommt sie nicht – die Energiewende. Es geht darum, ressourcenschonende, saubere, bezahlbare, sichere und vor allem regionale Energie für unseren täglichen Bedarf zu erzeugen und zu nutzen. Das umzusetzen ist eines der ambitionierten Ziele, die EU-Länder bis 2030 erreichen sollen. Windkraft- und Solaranlagen, aber auch Wasserstoffkraftwerke könnten die naheliegendste Lösung sein.

Das Dumme dabei: Windkraftanlagen sollen in NRW nicht zu nah an Wohnsiedlungen heranreichen, stören in freier Natur das Auge des Betrachters und können für Vögel gefährlich sein. In der Folge werden „hierzulande“ Windkrafträder statt vermehrt auf-, eher wieder abgebaut. Auch großflächig angelegte Salarparks findet man in dieser Region selten bis gar nicht; Photovoltaikanlagen werden derzeit eher für die eigene Versorgung auf Dächern betrieben. Und Wasserstoffkraftwerke? Die lohnen sich selten im flussarmen Binnenland – ohne Wasser läufts halt nicht. Irgendwie scheint immer etwas dem Fortschritt in die Quere zu kommen. Doch am Horizont leuchtet ein kleines Flämmchen.

Watt geht

Die Stadt Gütersloh hat jetzt mit dem Quartals-Sieg beim „Wattbewerb“ einen Erfolg zu vermelden. Bei diesem Wettbewerb unter teilnehmenden Kommunen und Städten hat derjenige gewonnen, der als erster die neu installierte Photovoltaik-Leistung seiner Stadt verdoppeln kann. Tatsächlich hatte Gütersloh gerade unter allen Teilnehmern das bisher größte Plus an Photovoltaik-Anlagen erreicht. Seit dem Sommer sorgt dieses städtische Förderprogramm für eine Antragsflut von Eigentümern von Wohngebäuden mit maximal sechs Wohneinheiten. Zwischen 30 und über 90 Prozent des so erzeugten Stroms kann dabei selbst genutzt werden, der Überschuss wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und entsprechend vergütet. Der Antrag kann übrigens digital gestellt werden.

So, der Anfang scheint also gemacht. Doch es ist, was es ist – ein Anfang eben. Der Weg ist eingeschlagen, wir sind in der Spur, doch so richtig Fahrt aufgenommen haben wir noch nicht. Wenn wir also nicht wollen, dass der Weg allein das Ziel ist, haben wir noch eine Menge zu erledigen, um überhaupt ans Ziel zu kommen. Und dafür bieten die Stadt und der Kreis eigentlich gute, ertragreiche Lösungen an. Eigentlich.

Es war einmal eine Landebahn

Da gab es vor nicht all zu langer Zeit eine wirklich zündende Idee – eine lodernde Flamme, sozusagen. Denn im Gegensatz zu Photovoltaikanlagen auf Dächern von Privathäusern und Unternehmen tauchte vor einigen Jahren etwas Größeres am Horizont auf. Im Zuge der Umnutzung des ehemaligen britischen Flughafengeländes an der Marienfelder Straße gab es tiefgreifende Überlegungen, die gesamte Fläche der dortigen Start- und Landebahn für Photovoltaik-Anlagen zu nutzen. Man muss wissen, dass es sich hierbei um eine asphaltierte Fläche von 2.252 Metern mal 46 Metern handelt, die zwischen dem Naturschutzgebiet und der angedachten Gewerbefläche einfach ungenutzt rumliegt – und mit der Zeit verwittert. Ein Solarpark bietet sich hier quasi ganz von selbst an. Nicht wenige Experten sind sich sicher, dass ein dort flächendeckend erzeugter, regionaler und grüner Strom dem Kreis auf dem Weg in die Klimaneutralität sehr gut helfen könnte. Die Rede ist von zirka1.000 Haushalten im Kreis Gütersloh, die dadurch mit nachhaltigem, grünen, regionalen Strom versorgt werden könnten.

Flächen gesucht!

Doch was so schön und einfach klingt, ist es in der Praxis dann doch wieder nicht: Naturschutzverbände sprachen sich gegen eine solche Nutzung aus, weil sie die Störung seltener Vogelarten durch die Anlage befürchteten. Kurz: Diese Flamme erlosch, als die Stadt Gütersloh eine gemeinsame Stellungnahme von Umwelt- und Planungsausschuss beschloss, die später maßgeblich für den jetzt aktuellen Landschaftsplan des Kreises wurde. Vom Kreistag am 7. September 2020 beschlossen, ist der Plan seit April 2021 rechtsgültig. Und nun haben wir es schwarz auf weiß: Auf Seite 53, unter 2.1.5.1.3, wird untersagt, die Start- und Landebahn für Photovoltaikanlagen zu nutzen. Tja. Hat vielleicht jemand anderes eine zündende Idee? Eine schöne, große Fläche vielleicht, die wir endlich für die Gemeinschaft nutzen können?

Oben Solar, unten Gemüse

Oder machen wir’s zumindest so wie Landwirt Florian Reyer mit seinem Solarpark. Sein Beispiel könnte ja auch hier das Flämmchen erneut entfachen. Im Zeit-Magazin war gerade ein Bericht zu lesen, in dem von seinen Ackerflächen die Rede ist. Darauf verbindet der Bio-Bauer Strom- und Lebensmittelerzeugung miteinander. Das Argument, dass Solarparks der Landwirtschaft den Boden streitig machen, lässt er damit weit hinter sich. Stattdessen werden bei ihm Lebensmittel und Strom auf derselben Fläche produziert. Und zwar übereinander. Mehr als fünf Meter können die Solarpanels auf den Feldern in den Himmel ragen – kein Problem also für den Mähdrescher, der hier nach wie vor den Boden beackert. Das System nennt sich Agri-Photovoltaik, stellt das Thema Solarpark auf das nächste Level, bietet ein Dach aus Photovoltaikmodulen in mehreren Metern Höhe und darunter wird geerntet. Laut Hersteller lassen sich so auch große Photovoltaikanlagen auf Freiflächen installieren, ohne fruchtbaren Ackerboden zu verlieren. Ein System übrigens, das auch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE unterstützt – und das Zeug dazu hätte, bei künftigen Förderungen berücksichtigt zu werden.

Na? Wie wärs? Fläche in Sicht?

Links:

www.wattbewerb.de

Agri-Photovoltaik

Nationale Energie- und Klimapläne (EU)

Green Deal / Europe Direct Gütersloh

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